Profis im Sport haben es gemeinhin schwer, den perfekten Zeitpunkt für ihren letzten großen Auftritt zu finden. Eine, die sich bewusst dafür entschied, mit einem großen Sieg abzutreten, ist die Augsburger Lateintänzerin Nina Trautz. Am 22. März 2025 war es für sie so weit. An diesem Abend hatte sie in der stimmungsvollen Atmosphäre der Tanzschule Stüwe-Weissenberg in Gütersloh mit ihrem Tanzpartner Andrey Larin zum fünften Mal die deutsche Meisterschaft der Latein-Profis gewonnen. Ein beeindruckender Erfolg, der beide aber nicht mehr umstimmen konnte, ihre Karriere fortzusetzen. Der Entschluss war schon früher gefasst. So verabschiedete sich das Paar an diesem Abend im festlichen Rahmen aus dem aktiven Tanzsport. Für Nina Trautz ein endgültiger Schritt, sie will sich künftig verstärkt den Herausforderungen als Turnierrichterin, Tanztrainerin und Veranstalterin großer Tanzsportveranstaltungen stellen, Andrej Larin wird wohl mit einer neuen Partnerin weitertanzen.
Es sei nicht leicht gewesen, einen Schlusspunkt unter die aktive Karriere zu setzen, räumt Nina Trautz im Rückblick ein paar Wochen später ein, doch der Abschied sei von langer Hand geplant gewesen. „Wir hatten tatsächlich schon im vergangenen Jahr im November darüber gesprochen und mit dem Gedanken gespielt“, erzählt sie. Zuvor hatte die Tochter des 2021 verstorbenen Augsburger Tanzweltmeisters Rudi Trautz vier Jahre mit Larin getanzt. Nach den ersten Probetrainingseinheiten im Juli 2021 hatte sie sich mit dem Ukrainer schnell in der deutschen Spitze festgesetzt und auch international beeindruckt. Neben ihren fünf deutschen Meistertiteln holte das Paar auch vier Titel in der Latein-Kür. Höhepunkt der gemeinsamen Karriere war im Jahr 2024 der Gewinn des Europameistertitels in der Latein Kür.
Im Herbst findet die Weltmeisterschaft in den Lateintänzen in Deutschland statt
Verschiedene Gründe aber brachten Nina Trautz zu der Überlegung, sich aus dem Leistungssport zurückzuziehen. „Letztes Jahr hatte ich begonnen, mich damit anzufreunden, dass es vielleicht nun irgendwann Zeit wird", so die 36-Jährige. „Wenn man immer nur aufs nächste Turnier hinarbeitet, findet man nie den Absprung. Dabei war mir wichtig, dass ich den Absprung nicht zu spät mache.“ Sie wollte auf der Höhe ihrer Karriere aufhören und nicht dann, wenn die Ergebnisse schlechter werden. Der frühe Zeitpunkt im März war trotzdem überraschend. Anfänglich hatte das Paar nämlich erwogen, das Jahr 2025 noch durchzuziehen und erst danach aufzuhören, zumal im September die Weltmeisterschaft der Latein-Profis in Deutschland als attraktives Ziel lockte. „Als amtierender Europameister wäre das eine große Chance gewesen“, sagt Trautz. Auch einige andere Turniere hätten sie durchaus noch interessiert.
Doch als sie ihre Überlegungen mit dem zwei Jahre jüngeren Andrey Larin ausgetauscht habe, wollte dieser die Zusammenarbeit schneller beenden, um zeitnah eine neue Tanzpartnerin zu finden und mit dieser auf die sportlichen Höhepunkte zuarbeiten. „Er wollte die Chance nutzen, eine andere Dame zu finden“, so Trautz. Sie räumt ein, dass zwischen ihnen beiden „nicht immer die harmonischste Tanzpartnerschaft“ bestand. Es habe manche Reibereien und Hürden gegeben, wie sie bei den meisten Tanzpaaren irgendwann aufkommen. „Dafür aber haben wir recht lange und sehr gut durchgehalten. Aber dann haben wir entschieden, dass die Zeit doch reif ist, aufzuhören. Das war jetzt so auch ok.“
Die Augsburgerin räumt ein, dass auch ihr Körper nach einer langen Karriere – sie begann unterstützt, aber keineswegs gedrillt von ihren erfolgreichen Eltern auf eigenen Wunsch erst im Alter von 15 Jahren mit dem Turniertanzen – schon so manche Verschleißerscheinungen zeigt. Auch die Verletzungsanfälligkeit werde größer. Trotzdem fühle sie sich in einigen Bereichen sogar fitter als noch vor zehn Jahren. „Ich habe glücklicherweise ein grandioses Team um mich herum, darunter einen Physiotherapeuten und eine Fitnesstrainerin, die ich auch weiterhin regelmäßig in Anspruch nehmen werde.“
In der Tanzschule Trautz arbeitet Nina Trautz als Trainerin
Schließlich hat Nina Trautz schon Pläne, wie es weitergehen soll. Vom Sportlichen her müsse man zwar erst einmal abwarten, welche Einsätze noch denkbar wären. „Nur weil ich keine Turniere mehr tanze, heißt das ja nicht, dass ich mit dem Tanzen komplett aufhöre. Ich habe schon noch vor, beispielsweise ein paar Shows zu tanzen. Da wäre dann Andrey sicher auch noch dabei.“ Auch die familieneigene Tanzschule, die sie zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter sowie Sabine Ulmer und Jochen Preuß führt und in der sie selbst als Tanzlehrerin unterrichtet, eröffnet eine breite Bühne an Aktivitäten. In Anlehnung an die TV-Show „Let´s dance“ etwa Einsätze bei Pro-Am-Turnieren, bei denen Amateure gemeinsam mit einem Profi antreten. Auch der Tanz-Weltverband sei interessiert, dass sie sich als Veranstalterin von großen Tanzturnieren und Wertungsrichterin einbringe, berichtet Trautz. „Sobald man aus dem Sport ausgestiegen ist, darf man ja auch andere Profis richten“, erklärt sie.
Nun ist Nina Trautz bereits als Organisatorin von Tanzturnieren im Einsatz
Und in Sachen Organisation steht sie auch schon vor ihrer ersten Herausforderung. Weil der ursprüngliche Ausrichter der Europameisterschaft Latein in Deutschland die Titelkämpfe im Herbst zurückgegeben hat, wurde vom Verband ein neuer Gastgeber gesucht. Trautz überlegt, in die Bresche zu springen. „Das ist natürlich sehr kurzfristig, da steckt viel Arbeit, aber auch ein finanzielles Risiko drin“, sagt sie. „Aber ich glaube daran, dass ich es schaffe und ich glaube daran, dass ich die Europameisterschaft dieses Jahr nach Augsburg holen kann. Es wird spannend.“
Damit tritt sie nun auch als Turnierveranstalterin in die Fußspuren ihres berühmten Vaters Rudi Trautz. Ohnehin bleibt er ihr weiterhin präsent, schließlich war er über viele Jahre hinweg verlässlicher Berater, Kritiker und Unterstützer der sportlichen Karriere seiner Tochter. Auch bei einem der für sie wichtigsten Turniere ihrer Karriere – als sie 2020 mit Andrej Larin den ersten deutschen Meistertitel in den fünf lateinamerikanischen Tänzen gewann. Und als Zugabe noch die Latein-Kür. „Es war für uns nicht nur ein großer Erfolg, sondern leider auch das letzte Turnier, bei dem mein Vater dabei war. Das wird mir immer in Erinnerung bleiben.“
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