Eines Ihrer Lieder heißt: „Wenn's an der Zeit ist“. Und es gibt ja auch den klugen Rat, dass man auf dem Gipfel abtreten soll. Das haben Sie ziemlich wörtlich genommen, oder?
Werner Schmidbauer: In diesem Fall schon. Bei mir ist es in vielen meiner Lieder ja so, dass ich erst viele Jahre später merke, wie sehr sie für mein Leben zutreffen. Tatsächlich habe ich in diesem Fall Monate mit mir gerungen, ob ich die Sendung „Gipfeltreffen“ wirklich aufgeben soll. Der Sender wollte ja, dass ich weitermache und auch die Quoten waren gut. Aber ich hatte eben dieses Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um damit aufzuhören. Und tatsächlich ist mir dabei dieses Lied durch den Kopf gegangen.
Wie trifft man so eine Entscheidung?
Schmidbauer: Irgendwann habe ich mit meinem Kameramann Stephan Nöbauer gesprochen, der von Anfang an dabei war. Der trägt seit 22 Jahren die Kamera auf den Berg rauf. Und er ist inzwischen 66 und dürfte den Job gar nicht mehr machen, wenn er nicht ein freier, nicht fest angestellter Kameramann wäre. Meine Redakteurin Sonja Kochendörfer musste als feste Angestellte beim BR in den Ruhestand gehen. Die zwei sind für die Sendung wesentlich mitverantwortlich. Als sie mir sagte, sie würde jetzt aufhören, kam mir der Gedanke: Warum hören wir nicht alle drei gemeinsam auf? So ein bisschen musketiermäßig.
Sie beenden das „Gipfeltreffen“, bei dem Sie immer mit einem Prominenten plaudernd auf einen Berggipfel gewandert sind, am Karfreitag um 17.45 Uhr im BR-Fernsehen, indem Sie mit Ihrem Freund und langjährigen musikalischen Partner Martin Kälberer plaudern. Hat dieser Tag symbolischen Charakter?
Schmidbauer: Das ist Zufall. Wir haben die Folge ja schon im Herbst aufgezeichnet. Die eigentlich geplante Folge wäre mit Giovanni de Lorenzo gewesen, der 1984 mit mir beim Fernsehen begonnen hat. Aber diese Bergtour musste ausfallen, weil Giovanni nur an einem Tag Zeit hatte, und an dem war das Wetter so schlecht, dass wir nicht drehen konnten. Da entstand die Idee, die Sendung mit Martin am Karfreitag auszustrahlen und am Ostermontag noch mal ein „Best of“. Diesen Ausdruck finde ich übrigens fürchterlich, darum heißt die Folge auch „Momentensammler“.
Sie waren auf dem Mitterberg bei Bad Feilnbach, das war auch der Gipfel der ersten Folge von 2003. Wann kamen Sie auf die Idee, zur Brotzeit selbst gemachte Fleischpflanzerl mitzubringen?
Schmidbauer (lacht): Das hat noch keiner gefragt. Die meisten glauben, ich hätte die von Anfang an dabei gehabt. Tatsächlich aber hatte ich in meiner ersten Sendung mit dem von mir sehr verehrten Elmar Wepper noch eine ganz normale Wurst zur Brotzeit dabei. Es wehte damals ein starker Fönsturm, der die Wurst von der Semmel geblasen hat. Die ist dann zehn Meter weiter in den Latschen gehängt. Ein paar Folgen später hatte ich Alfons Schuhbeck dabei. Der ist natürlich ein überragender Koch, der unglaublich populär war. Da dachte ich, dem kannst du nicht einfach eine Wurstsemmel geben. Und darum habe ich mich dann selbst in die Küche gestellt und die Fleischpflanzerl nach einem Rezept meiner Mutter rausgebraten. Das Tragische daran ist, dass der Schuhbeck sie nie gekriegt hat, weil uns am Gipfel ein Hagelgewitter überraschte. Das war eine der wenigen Sendungen, die wir oben abbrechen mussten. Dann sind wir in eine Hütte geflüchtet, und der Wirt war so beeindruckt vom Schuhbeck, dass er gleich ein paar Schnitzel gebrutzelt hat. Darum habe ich die Fleischpflanzerl erst daheim gegessen (lacht).
Haben Sie einen Lieblingsberg?
Schmidbauer: Ich bin zwar seit fünf Jahren ein Wahl-Allgäuer und hier gibt es wirklich schöne Berge. Aber mein Lieblingsberg ist nach wie vor der Brünnstein im Inntal. Da war ich schon 40 bis 50 mal oben. Und mein Freund, der am Fuße des Gipfels eine Hütte hat, hat mich dort auch auf die Idee zur Sendung „Gipfeltreffen“ gebracht.
Was wollen Sie musikalisch noch reißen, nachdem Sie ja schon in der Arena in Verona vor über 10.000 Menschen gespielt haben?
Schmidbauer (lacht): Das hat mit der Zahl der Leute weniger zu tun. Wir haben kürzlich mal am Stockerhof bei Pfaffenhofen vor 300 Leuten gespielt. Das ist auch schön. Ich komme ja aus den Clubs und werde da auch immer wieder zurückgehen. In Verona war mir klar, dass es nicht mehr größer wird. Darum muss ich eigentlich nirgendwo mehr hin. Ich sammle nicht mehr Zukunftspläne, sondern bin selbst zum Momentensammler geworden. Ich freue mich über jeden Abend, an dem meine Finger noch funktionieren.

Sie leben inzwischen nicht mehr in Bad Aibling, sondern aus privaten Gründen in Kempten. Wie geht es Ihnen da so als Oberbayer?
Schmidbauer: Ich lebe ja seit einigen Jahren direkt in Kempten. Davor habe ich im Allgäu aber auch schon oft gespielt und die Erfahrung gemacht, dass die Allgäuer durchaus speziell sind. Wenn man sie nicht kennt, dann denkt man, die sind ein bisserl komisch, weil sie nicht so viel reden. Sie sind vergleichbar mit den Leuten auf Sizilien, die auch etwas wortkarg daherkommen. Aber wenn man sie kennenlernt und sie dich an sie ranlassen, dann merkt man, die wollen einfach nur keinen Blödsinn daherreden. Da gibt es in Oberbayern Regionen, wo es ganz anders ist. In München, wo ich geboren bin, beispielsweise. Da sind viele eher verplappert – und ich weiß, wovon ich rede (er lacht). Mit meiner Schwiegermutter hatte ich gleich anfangs ein lustiges Erlebnis. Als ich die das erste Mal getroffen habe, hat sie mir gesagt: ,Mei, Herr Schmidbauer, ich kenne sie und habe auch Ihre letzte Sendung gesehen.“ Und als ich fragte: „Und?“, antwortete sie: „Hat mr ned gfalla.“ (lacht). Dieses Authentische mag ich an den Allgäuern. Die Kargheit und Schlichtheit, verbunden mit Herzenswärme, das gefällt mir.
Zur Person: Werner Schmidbauer, 63, wurde im BR-Fernsehen mit der Sendung „Live aus dem Alabama“ bekannt. Als Musiker feierte er in den vergangenen Jahren an der Seite von Martin Kälberer und Pippo Pollina große Erfolge mit der „Süden“-Tour. Schmidbauer ist in zweiter Ehe verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Kempten.
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