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Handelskrieg: EU veröffentlicht neue Folter-Liste

US-Zölle

Torschlusspanik: Warum deutsche US-Exporte anziehen

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    Trumps Zölle könnten den Welthandel umwälzen.
    Trumps Zölle könnten den Welthandel umwälzen. Foto: Natacha Pisarenko, AP/dpa

    In den Häfen New York und New Jersey geht es gerade rund. Noch. Als die Port Authority jüngst die März-Zahlen vermeldete, waren insgesamt 783.732 Container umgeschlagen. Ein Anstieg von fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das gesamte erste Quartal 2025 war ziemlich erfolgreich. Auch an der Westküste war einiges los.

    Und das war noch bevor Donald Trumps sogenannten „Liberation Day“. Am 2. April hatte der vom Handelsdefizit besessene US-Präsident den Rest der Welt mit Zöllen überzogen. Nur um diese dann teilweise für 90 Tage auszusetzen. Seither dürften noch mehr europäische Reedereien ihre Tonnenfracht an den Terminals abgeladen haben. Auch und gerade aus Deutschland. Die meisten deutschen Exporte gingen im März in die Vereinigten Staaten. Laut Statistischem Bundesamt waren es 2,4 Prozent mehr als im Februar. Ihr Wert stieg auf 14,6 Milliarden Euro. Es ist noch oder war schon die Waren-Flut vor der Zoll-Ebbe

    Konjunktur-Experte Nils Jannsen: Exporterwartungen gehen zurück

    Denn, sagt Nils Jannsen, Konjunktur-Experte am Kiel Institut für Weltwirtschaft: Maßgeblich für die Anstiege dürfte sein, dass Lieferungen vorgezogen worden sind, um den US-Zöllen auszuweichen. Was heißt: „Diese vorgezogenen Lieferungen werden in den kommenden Monaten fehlen, so dass die aktuellen Zahlen die Lage günstiger darstellen als sie tatsächlich ist.“ Ab April dann würden sich die höheren Zölle bei den Exporten in den USA zunehmend bemerkbar machen. „Entsprechend sind die Exporterwartungen der Unternehmen deutlich zurückgegangen.“

    Rainer Hertle, Technischer Geschäftsführer des Sondergetriebeherstellers SPN aus Nördlingen, hat Kunden in den USA. Er sagt: „Man zieht vor, was geht. Allerdings sind die Vorlaufzeiten lang, viel Spielraum gibt es nicht.“ Normalerweise verschiffe man die Getriebe über den Atlantik. Wenn es nicht anders geht, steige man derzeit auf Luftfracht um. Aber das lohne sich fast nicht mehr. Wenn es keine Einigung zwischen Brüssel und Washington gebe, werde das zu Lasten seiner Kunden gehen, glaubt Hertle. Denn diese bräuchten dann qualitativ gleichwertige Alternativen aus dem Inland. Aber natürlich will auch er kein Geschäft verlieren.

    EU hat eine neue Droh-Liste veröffentlicht

    Die EU-Kommission hat jedenfalls inzwischen eine neue Liste von Produkten vorgelegt, mit der sie auf den Zoll-Irrsinn von US-Präsident Donald Trump reagieren will. In Einzelposten werden auf 218 Seiten US-Waren im Wert von fast 95 Milliarden Euro genannt, für die die Brüsseler Behörde Sonderzölle vorschlägt, falls man sich mit Washington nicht darauf einigen kann, die bisher verhängten Abgaben aufzuheben. Auf dieser Liste stehen unter anderem: Batterien und Briefmarken mit Sammlerwert, Truthähne, Drehbleistifte, Flugzeuge und Autos, Fisch, Süßkartoffeln, Kondome und Mosaike, die älter als einhundert Jahre sind. Auch wenn 95 Milliarden Euro nach viel klingen, beträfen die angekündigten US-Zölle auf europäische Waren umgekehrt fast das Vierfache. Ausdrücklich ausgenommen sind Medikamente.

    Es gehe weniger um „Vergeltungsmaßnahmen“, sondern darum, „zumindest eine Art Gleichgewicht wiederherzustellen“, hieß es aus der Kommission, die die Handelspolitik der 27 Mitgliedstaaten koordiniert. Die Brüsseler Behördenchefin Ursula von der Leyen betont, man sei „nach wie vor fest entschlossen, mit den USA eine Verhandlungslösung zu finden“. Gleichzeitig bereite man sich weiter auf alle Möglichkeiten vor. Bis zum 10. Juni findet nun eine öffentliche Konsultation statt, um den EU-Ländern und den Unternehmen Gelegenheit zu geben, sich einzubringen. Danach wird die Behörde eine endgültige Entscheidung über eventuelle Gegenzölle treffen. „Wir wollen uns nicht selbst ins Knie schießen“, sondern „umsichtig handeln“, so der EU-Beamte. Das Motto lautet: Verhältnismäßigkeit statt „Dollar-für-Dollar-Reaktion“.

    Handelsausschuss-Vorsitzender Bernd Lange: Können noch mehr Druck machen

    Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament, sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wichtig ist, dass wir damit fertig sind, wenn die 90 Tage Anfang Juli auslaufen. Und falls es keine Verhandlung gibt, haben wir aber immer noch Gelegenheit, noch mehr Druck aufzubauen - zum Beispiel bei den Dienstleistungen. Aber bereits jetzt werden die gelisteten Flugzeuge, Stichwort Boeing, in den USA einige zum Rotieren bringen.“ Es bleibe aber schwierig einzuschätzen, ob die USA tatsächlich an den Verhandlungstisch kämen. „Im Moment“, sagt Lange, „bin ich skeptisch“.

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