Ein Ausstellungsdoppel hat am Sonntag in Göggingen eröffnet: Rein flächenmäßig wären der Projektraum Contemporary von Andreas Stucken in der Bergstraße 11 und der Pavillon des Künstlers Christof Rehm in der Bergstraße 12 ein paar Meter weiter sogar zusammengenommen eine kleine Galerie. Doch gelingt es beiden auf begrenzter Fläche ein ums andere Mal, Kunst zu präsentieren, die fordert, aber auch etwas bietet.
Im Projektraum Augsburg Contemporary stellt die Künstlerin Isabelle Dyckerhoff eine Verfahrensfrage: „Repeat“ heißt es bei ihr, also „Wiederholen“. Die Künstlerin, die in München und Berlin lebt, hat in Serie gearbeitet. Gleicher Untergrund, gleiche Farbe, unterschiedliche Linien. Mal ein bisschen dicker, mal ein bisschen dünner. Dieses Grau, „Payne´s Grey“, wie auch die Serie heißt, schimmert an manchen Stellen etwas bläulich und an anderen rötlich, je nach verwendeter Farb-Marke, wie die Künstlerin erklärt. Die Arbeiten hängen dicht neben- und übereinander. Und als Betrachter kann man sich fragen: Sind das nicht doch Unikate, handelt es sich wirklich um eine Serie? Die Striche sind nicht ganz gerade und unterschiedlich dick, die Musterung jedes Mal anders. Wo hört das Eigenständige auf, wo fängt die Wiederholung an? Und wann nervt sie und lenkt ab?
Isabelle Dyckerhoff will dem mechanischen Arbeiten Raum geben
Dyckerhoff wollte im Entstehungsprozess dem mechanischen und sinnentleerten Arbeiten Raum geben. Sie wollte dieses Arbeiten anlehnen ans Stricken, Weben, Spinnen, an Tätigkeiten, über die nicht nachgedacht werden muss, die fast schon instinktiv und automatisch ablaufen. Und sie sagt, dass der Kopf dabei aber doch Gedanken sortiert, über anderes nachdenkt und diese Exkurse von den mechanischen Bewegungen eingewoben werden - also vielleicht das serielle Schaffen durchbrechen. Ähnlich ging sie in den beiden anderen Werkgruppen „100“ (Buntstift auf Papier) und „Ohne Titel“ (Ölstick auf Papier) vor.
Mit Papierarbeiten ist Dyckerhoff in der nächsten Woche auch in Berlin präsent. Der Kurator und Galerist Andreas Stucken präsentiert Arbeiten von ihr gemeinsam mit Stücken von Bettina Hutschek und Angela Stauber auf der Kunstmesser Paper Positions, die zum neunten Mal in Berlin stattfindet, dieses Mal vom 1. bis 4. Mai in der Haupthalle des Flughafens Tempelhof. Für Stucken ist das innerhalb kürzester Zeit gleich die dritte Ausstellung. Bereits am 21. April hat er im Searching Art Center im chinesischen Xiamen in wenigen Tagen eine Ausstellung des Künstlers Tang Hui kuratiert und dieser den Titel „Hybrid structures“ gegeben. Die Ausstellungsfläche dort: riesig im Vergleich zum Projektraum.
Im Pavillon von Christof Rehm heißt es zum 21. Mal Fotodiskurs
Ein paar Meter weiter heißt es bei Christof Rehm zum 21. Mal „Fotodiskurs“. Rehms Fotoarbeiten der Serie „sacra conversazione“ treffen auf Skulpturen von Bruno Wank. Der Bildhauer, der in Görisried und München lebt, ist ja eigentlich als Mann der Bronzen bekannt. In seiner Serie „Allys“ hat er kleine Wachsmodelle, die er in seiner Faust geformt hat, teilweise als überlebensgroße, schwarze Figuren drucken lassen. „Verbündete“ nennt sie Wank. Erinnern die „Allys“ noch an Menschen oder sind das schon Wesen von einem anderen Stern oder die Vorboten einer neuen technischen Zeit, also Verbündete aus der Zukunft? Im kleinen Pavillon stehen gleich sieben von ihnen, der Raum ist voll.

Nun wird das „heilige Gespräch“ (die „sacra conversazione“) explizit. Denn auf Rehms Fotografien sind Vulven zu sehen, in Nahaufnahmen, im Halblicht festgehalten. Die Abzüge sind 1,5 mal 1,8 Meter groß, wirken aber noch wuchtiger und erschlagen fast die Betrachter: Nichts ist hier Geheimnis, alles wird gezeigt, jedes Härchen ist gestochen scharf zu erkennen. Und die Zwiesprache mit der Kunst bekommt jede Menge Futter: Wen stört dieser explizite Blick? Was stört? Das eigene Schamgefühl, das angesprochen wird? Oder doch dieser alles durchdringende und jedes Geheimnis lüftende Kamera-Blick?
Die Ausstellung „Repeat“ von Isabelle Dyckerhoff ist bis zum 7. Juni bei Augsburg Contemporary (Bergstraße 11) zu sehen. Geöffnet Freitag und Samstag von 14 bis 17 Uhr, aber das Schaufenster ist nie verhängt. Christof Rehms und Bruno Wanks „sacra conversazione“ im Pavillon (Bergstraße 12) ist bis zum 18. Mai zu sehen, ein Salongespräch findet am Sonntag, 4. Mai, um 17 Uhr statt.
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